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(Unter Verwendung von Auszügen aus einer Arbeit von Frank Hrauda aus 2006, Vorsitzender des
Geraer Mineralien- und Fossilienfreunde e. V.,
mit freundlicher Genehmigung
weitgehend übernommen)
Der Zechstein bei Gera Nach neuesten Erkenntnissen begann die Zechsteinformation vor etwa 258 Millionen Jahren und endete vor etwa 251 Millionen Jahren. Somit dauerte die Zechsteinzeit nur etwa 7 Millionen Jahre, ein zeitlich sehr kurzer Teil der gesamten Erdgeschichte. Diese 7 Millionen Jahre sollten das geologische Bild Mitteleuropas wesentlich prägen.
Am Ende der Rotliegendzeit, der unteren Stufe des Perms, kam es im nördlichen Mitteleuropa zu Absenkungsvorgängen der Erdkruste. Meereswasser aus dem Norden bekam Zugang zu dem absinkenden Festland und überflutete es in geologisch kürzester Zeit. Das Zechsteinmeer muss für die Dauer seiner gesamten Zeit als ein Flachmeer aufgefasst werden. Das entstandene Zechsteinmeer erstreckte sich flächenmäßig vom heutigen Mittelengland, über ganz Norddeutschland bis nach Mitteldeutschland, Polen und Weißrussland. Dieses Meer mit einer Nord-Süd-Erstreckung von etwa 1.000 km wurde durch Schwellen in Teilbecken unterteilt.
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Abb.: Lage
des Zechsteinmeeres in Mitteleuropa ( weiß dargestellt ); Rot
gekennzeichnet die Lage Geras am Rand des Meeres (oben rechts ist
Norddeutschland und Dänemark zu erkennen, links erreicht das
Zechsteinmeer sogar England)
In der Zeit des Ober-Rotliegenden füllte sich ein im Raum Gera gelegenes ca. 300 m tiefes Becken mit dem Abtragungsschutt der umgebenden Höhenzüge des Schiefergebirges allmählich auf. Am Ende der Rotliegendzeit war der Raum Gera eine flache Landschaft mit Wüstencharakter, die aus dem roten, eisenhaltigen Verwitterungsschutt des umgebenden Schiefergebirges bestand. Im Gebiet von Gera, das zu Beginn der Zechsteinzeit als eine Klippenlandschaft ausgebildet war, wurden die Reliefunterschiede zu unterschiedlichen Zeiten überflutet. Im Ergebnis dieser lokalen Besonderheiten ist die Schichtenfolge der Zechsteinbasis in Gera sehr unterschiedlich ausgebildet. Der Raum Gera war während der gesamten Zechsteinzeit immer eine Uferregion des europäischen Zechsteinmeeres, so dass es in diesem Raum nicht zur Bildung der mächtigen Steinsalz- und Kalisalzflöze wie im Beckenzentrum des Meeres kam. Typische Sedimente der Werra-Serie des Geraer Zechsteins sind das Mutterflöz, die Productusbank und der Zechsteinkalk. Im Bereich von Gera-Milbitz liegt ein vollständiges stratigraphisches Zechsteinprofil, beginnend mit dem Zechsteinkonglomerat, dem Mutterflöz, dem Kupferschiefer, der Productusbank vor.
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Abb. 1: Profil des Zechsteins im Raum Gera, Quelle: Robert EISEL, 1862 (Dyas Band II) |
Abb. 4: Nach neuesten Untersuchungen der TU Bergakademie Freiberg durch Prof. J.W. Schneider 2005 zeichnen sich folgende topografischen Verhältnisse im Raum Gera-Trebnitz zur Zeit des Zechsteins ab: Die Tebnitz-Lagune ( C ) liegt am Süd-Rand der Geraer Bucht des Zechstein-Meeres. Das südlich folgende Festland ( D ) war eine fast eingeebnete Landschaft mit den Abtragungsresten des varistischen Gebirges, im eigenen Schutt ertrunkene Zeugenberge. Gegen das offene Meer in der Bucht wurde die Lagune durch einen Karbonatwall (B) oder eine kleine Karbonat-Rampe abgeschirmt. Dieser Wall entstand wahrscheinlich auf einer durch Prä-Zechstein-Erosion oder während der Zechstein-Transgression geformten Schwelle aus Rotliegend-Sedimenten (A). Die Karbonate des Walles sind z.B. am Merzenberg und an den Zwergenhöhlen bei Gera- Milbitz aufgeschlossen. |
Im Unterschied zu diesen Profilen ist bereits der Kupferschiefer bei Trebnitz wesentlich siltig-sandiger, also randnäher ausgebildet. Über dem Kupferschiefer folgt bei Trebnitz anstelle der Productus-Bank und der anschließenden Dolomitbänke/Mergel-Wechsellagerungen vom Merzenberg (die schließlich in die massigen Dolomite der Zwergenlöcher übergehen) eine mergelige Siltstein/Dolomit-Mergel/ Dolomitbänkchen-Wechsellagerung. Der Silt- und Feinsandanteil stammt aus dem Eintrag der Flüsse, die ihre Deltas in die Lagune vorbauten (E). Dies und die ausgesprochen gute Schichtung dieser Wechsellagerung führen zu obiger Annahme einer Trebnitz-Lagune hinter einer Karbonatbarre. Diese Barre schirmt die Lagune gegen die offene Bucht ab, verhindert starken Wellengang und damit die Durchmischung des Wassers, das folglich am Grunde oder auch nur im Sediment sauerstoffarm wurde. Stürme konnten episodisch Frischwasser über die Barre in die Lagune eintragen und auch eine Reihe von Organismen bzw. deren Larven. Sporadische Massenvorkommen von Productiden in bestimmten Horizonten könnten mit Zustrom normal salinen und sauerstoffreichen Wassers aus dem offenen Meer in die Lagune zusammenhängen. Die relativ häufigen Nautiliden-Funde hängen mit den insgesamt ruhigen Bedingungen in der Lagune zusammen. Die Gehäuse wurden nicht weiter verdriftet und nicht durch Wellenschlag zerstört. Auffallend sind die zahlreichen Pflanzenreste, vor allem von Coniferen. Auch sie zeigen eine randnähere und stärker von Festlandseinflüssen (D) geprägte Position im Vergleich zu Milbitz an. Das Klima war semiarid bis semihumid, nicht mehr ganz so trocken wie am Ende des Rotliegenden. Das Zechsteinmeer selbst sorgte für ein maritimes, etwas feuchteres Klima, das relativ reichen Baumwuchs, zumindest entlang der Flußläufe (E), zuließ. Wahrscheinlich waren es schüttere Galerie-Wälder vorwiegend aus Nadelbäumen, wie die Funde zeigen. Die Anhäufung von Fossilien auf Schichtflächen oder in Lagen könnte mit heftigen Niederschlägen zusammenhängen; Gewittergüssen, die Nadelstreu und Zapfen in das Meer schwemmten. Warum dies aber zum Teil mehrere Zentimeter bis Dezimeter mächtige Horizonte mit mehreren Coniferenreste-reichen Lagen werden können, ist noch unklar. Entweder ist die Sedimentationsrate sehr hoch oder es sind bestimmte Bereiche in der Lagune, in die über lange Zeiträume die Reste wiederholt eingespült wurden. |
Historische Fundstellen in Gera |
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Abb. Aktuelle Ansicht der Trebnitzer Ortskirche.
Trebnitz gehört zu den bedeutendsten Fundstellen für Zechsteinfossilien im Raum
Gera. Vor allem sind es die herrlichen Pflanzenfossilien aus dem Kupferschiefer von
Trebnitz, das was den Ort, der heute zu Gera gehört, bekannt gemacht hat. Stücke
aus Trebnitz sind in vielen paläontologischen Sammlungen Europas vorhanden. Die
genauen Fundstellen waren sicherlich die Halden des mittelalterlichen Bergbaus, bei
dem der Kupferschiefer abgebaut wurde.
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Abb.: Aktuelle Ansichten der Geotope Bahndurchbruch und Kirchberg in Schwaara bei Gera
Die geologischen Aufschlüsse in Schwaara haben vor allem geologisch eine herausragende Bedeutung. Hier liegt die Productusbank (unterer Zechstein) diskordant auf den Gesteinen des Karbons.
Beide Aufschlüsse stehen heute unter Schutz aber lieferten in früheren Zeiten (vor allem spätes 19. Jahrhundert ) zahlreiche Funde. |
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Abb.: Aktuelle Ansicht der geologischen Situation des Geotops Schiefergasse in Gera-Milbitz |
Zu den bedeutendsten historischen Zechsteinaufschlüssen zählt ohne Zweifel der Bereich der Schiefergasse in Gera/ Milbitz. Die ersten systematischen Besammelungen wurden dort durch Mackroth durchgeführt und lieferten schon ab 1840 zahlreiche Funde, bevor dann später auch Trebnitz ein bedeutender Fundpunkt wurde. Im Bereich der Schiefergasse steht ein Profil vom Rotliegenden über das Zechsteinkonglomerat bis zum Kupferschiefer und der Productusbank an. Dementsprechend vielfältig sind die zahlreichen Funde aus diesem Bereich von denen auch Hundt 1910 berichtet. Besonders interessant ist der hier vorkommende hohe Fossilgehalt des Zechsteinkonglomerats, welches generell als fossilfrei angesehen wird. |
Nadelbäume, Farne und Ginkgos in der Küstenlandschaft bei Gera vor 255 Millionen Jahren
Im Zechstein beginnt auf der Erde überall die Herrschaft der Nacktsamer. Im Vergleich zu den reichhaltigen und üppigen Floren des Karbons ist die Zechsteinflora relativ artenarm. Diese Artenarmut hängt sicher auch mit dem warmtrockenen sogar wüstenähnlichen Klima zusammen. Die Koniferen bestimmen den überwiegenden Teil der Flora zur Zechsteinzeit. Die Pflanzen dürften deshalb relativ küstennah angesiedelt gewesen sein. Da die meisten Fossilien nur recht unvollständig erhalten sind, kann man eigentlich nur etwas mit Hilfe des anatomischen Baues der Pflanzen über die Pflanzengemeinschaft aussagen. Die meisten Zechsteinpflanzen sind xeromorph (griech. xeroc = trocken, also an Trockenheit angepasst) gebaut. Das Schachtelhalmgewächs Neocalamites (das im Zechstein sehr selten ist) und einige der Farne waren vermutlich Bewohner feuchter Niederungen. Die Koniferen gediehen wahrscheinlich eher auf sonnigen, trockenen und küstennahen Hängen und Dünen. Bisher konnten 11 Arten bei den Koniferen des Zechsteins Mitteleuropas unterschieden werden. Am häufigsten ist die Gattung Ullmannia verbreitet. Es handelt sich um die häufigste und auch eine seit langem bekannte Konifere des Zechsteins. Die Pflanze war ähnlich heutigen Araukarien. Von Ullmannia frumentaria treten vereinzelt neben Zweigen die 2 bis 3 cm langen männlichen und locker gebauten weiblichen Zapfen, die aufrecht an den Sonnezweigen standen, auf. Ebenso sehr häufig ist die Konifere Pseudovoltzia liebeana. Diese Koniferenform wurde von GEINITZ erstmals an Geraer Fundstücken beschrieben. Die Art hat lange, locker stehende Blätter und zeigt eine deutliche Heterophyllie ( lange und kurze Nadelblätter an einem Zweig). Sehr gut bekannt sind die weiblichen Zapfen dieser Art. 1964 wurde von ULLRICH eine Gattung fossiler Nadelbäume aufgestellt, die nach dem Gebietum Culmitzsch (Ost-Thüringen) den Namen Culmitzschia erhielt. Culmitzschia florinii konnte bisher nur im Zechstein Thüringens und Sachsens verlässlich nachgewiesen werden, während sichere Belege bisher aus weiteren Zechsteinvorkommen fehlen. Die meist 4 x 1 cm großen, oft eiförmigen Blätter machen diese Konifere leicht bestimmbar, dennoch sind Verwechslungen kleinerer Exemplare mit Ullmannia bronnii möglich. Die wenigen sicher bestimmten Funde stammen fast ausschließlich aus der Geraer Gegend. Neben diesen weit verbreiteten Gattungen treten noch weitere auf. Durch ihre keulenförmigen Blätter ist beispielsweise die Gattung Quadrocladus gut zu erkennen. Die Ginkgogewächse, deren einzige heute noch lebende Art, Ginkgo biloba, schon von CH. DARWIN (1809 - 1882) als „lebendes Fossil" bezeichnet wurde, sind durch Spross- und Blattreste der fossilen Art Sphenobaiera digitata bekannt. Aus Gera sind solche Funde äußerst selten. Die Farnsamer sind im Zechstein durch die drei Gattungen Sphenopteris, Peltaspermum und Taeniopteris vertreten. Auch die Reste dieser Farne gelten als selten und nur recht wenige Exemplare sind auch aus Gera bekannt. |
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Abb. 6: Vegetation am Uferbereich des Zechsteinmeeres, verändert nach MÄGDEFRAU 1952
A Ullmannia frumentaria B Pseudovoltzia liebeana C Taeniopteris (Lesleya) eckardtii D Peltaspermum martinsii E Sphenobaiera digitata |
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Abb. A-H: Mikroaufnahmen kleinster erhaltener Strukturen der fossilen Pflanzen ( im µm-Bereich ) A Cuticula, Ullmannia bronnii B Cuticula, Ullmannia frumentaria C Cuticula, Pseudovoltzia liebeana D Cuticula, Ouadrocladus orobiformis E Spaltöffnungsapparat, Culmitzschia florinii F Cuticula, Culmitzschia florinii G Spaltöffnungsapparat, Ouadrocladus orobiformis H Spaltöffnungsapparat, Peltaspermum martinsii Fotos: Dr. Dieter Uhl |
Horridonia horrida - „Krötenköpfe" des Volksmundes Der Geraer Apotheker Tobias Conrad HOPPE (1697-1778) überlieferte das erste schriftliche Dokument über Funde von Fossilien aus Gera, die er selbst auffand. Neben vielen anderen Arbeiten verfasste er 1745 eine Schrift mit dem Titel „Kurtze Beschreibung versteinerter Gryphiten, dass solche zurückgebliebene Zeugen der allgemeinen Sündfluth". Gemeint sind mit „Gryphiten" die im Geraer Raum massenhaft vorkommenden Schalenreste von Horridonia horrida. Dieser Name bezeichnet ein Fossil, das zu den Armfüßern (Brachiopoden) gehört. Viele Geraer kennen diese Objekte als „Krötenköpfe". Sicher gehören die zum Teil auffällig glänzenden Schalen der Horridonia horrida zu den bekanntesten Fossilien aus Gera überhaupt und wurden im Laufe der wissenschaftlichen Auseinandersetzung das populärste Leitfossil des unteren Zechsteins. Die bedeutende Gattung Horridonia ist außerdem auch aus anderen Ländern Europas, der Arktis, Asiens und Australiens bekannt. Im unteren Zechstein (Ca 1) sind jene Schalenreste so häufig, dass sie gesteinsbildend sind, wodurch ein Horizont nach dem Fossil bezeichnet wurde. Die Productusbank hat ihre Bezeichnung vom veralteten Namen „Productus horridus", der allerdings seit 1924 nicht mehr gilt. Die Schalen bestehen aus einerstark gewölbten Rückenklappe und einer mehr oder weniger flachen Bauchklappe und erreichen eine Größe von 0,5 cm bis zu 10 cm. Meist sind nur die Rückenklappen zu sehen. Die Bauchklappen sind in der Regel von Sediment bedeckt, das aber durch Präparation entfernt werden kann. Horridonia horrida hat Stacheln am Schlossrand und teilweise auf der Rückenklappe, die aber in den seltensten Fällen fossil erhalten sind, da diese hohl und instabil sind. Jedoch sind häufig einzelne Stacheln zu finden. Vermutlich dienten diese zur Verankerung im weichen Sediment und boten Halt im Substrat und demzufolge Schutz vor Strömung. In sehr seltenen Fällen sind die Stacheln noch in vollständiger Zahl und Länge an den Schalen erhalten und sind sogar länger als die eigentlichen Schalen. Betrachtet man eine gewisse Menge an Exemplaren, so werden morphologische Unterschiede schnell offensichtlich. So unterscheiden sich Stücke in ihrer Größe, dem äußeren Habitus, der Anzahl an Stacheln und der Oberflächenstruktur der Rückenklappe. Robert Eisel unterschied bereits 1908 sechs verschiedene „Varianten" also Unterarten von Horridonia horrida: var. initialis, var. hoppeianus, var. auritulus, var. bufoninus, var. laspeanus, var. geranus. Derzeit arbeiten Wissenschaftler an einer Revision der Productiden und vergleichen dazu Material aus Deutschland, Russland und anderen Ländern. |
Abb.: Horridonia Horrida mit erhaltener Bestachelung; FO.: Gera-Trebnitz;
Original zu JORDAN 1968 (Coll. EISEL ?);
Zechsteinausstellung 2006/2007 im Museum für Naturkunde Gera; Foto: M. Kahl
Riffbaumeister - Fächer, Trichter und Ästchen der Bryozoen Bryozoen ähneln äußerlich den Korallen und haben Tentakeln und einen sackförmigen Körper wie diese. Trotzdem unterscheiden sie sich durch eine Reihe anatomischer Details von den Korallen. Die einzelnen Tiere sind gewöhnlich sehr klein und haben höchstens einen Durchmesser von einigen Millimetern. Eher sind sie noch kleiner. Die Einzelindividuen sind von einem Skelett aus Chitin oder Kalk umgeben und sitzen in kleinen Vertiefungen (Zooecien). Demgegenüber sind die aus den Zooecien hervorgehenden Kolonien aus unzähligen Einzeltieren verhältnismäßig groß. So hat man bei heute lebenden Formen Ausmaße bis zu 30 cm und bei einigen fossilen Vertretern bis zu 60 cm beobachtet. Kennzeichnend ist für viele Bryozoen eine ausgeprägte Arbeitsteilung innerhalb einer Kolonie mit den hierdurch bedingten Veränderungen des Bauplanes der einzelnen Individuen. Die meisten Tiere versorgen die Kolonie mit Nahrung. Daneben gibt es zumindest bei einigen Gruppen rundliche bis eiförmige Kapseln, die zur Aufnahme befruchteter Eier dienen. Weiterhin existieren andere spezialisierte Tiere innerhalb einer Kolonie. Die Formenmannigfaltigkeit der Bryozoen ist außerordentlich groß. Man kennt ca. 900 Gattungen mit fossilen Vertretern. Diese finden sich vom Oberen Kambrium bis in die Gegenwart. Blütezeiten bestanden zwischen Ordovizium und Perm sowie zwischen Kreide und Gegenwart. Gerade in den seichten Bereichen des Zechsteinmeeres florierte das Leben. Zum Teil wuchsen dort mächtige Riffe empor. Eine wichtige Rolle in diesen Vergesellschaftungen spielten die Bryozoen, eine Gruppe koloniebildender Meerestiere, die im Randbereich des Zechsteinmeeres eine dominierende Organismengruppe wurde. Bryozoen bauen ihre Skelette aus einem stabilen Magnesiumkalzit auf, wodurch sie in fossilem Zustand exzellent erhalten bleiben. In den Zechsteinriffen sind sie stellenweise gesteinsbildend. Dabei lassen sich im Zechsteinkalk zwei grundsätzliche Ablagerungstypen oder Fazies unterscheiden: die Riff-Fazies und die gebankte Fazies. Letztere sind durch regelmäßig ausgebildete Gesteinsschichten zu unterscheiden, während Riffe massive geologische Körper darstellen, oft ohne jede Schichtung. Diese Fazies entsprechen zwei verschiedenen Lebensräumen, den Riffen und den flachmarinen Bereichen. Die Umgebung von Gera entsprach einer Einbuchtung des Zechsteinmeeres zur Zeit des Zechstein 1. Hier entwickelten sich keine Riffe, sondern die so genannte Productusbank. Die Productusbank besteht nahezu ausschließlich aus großen Brachiopoden, die früher zur Gattung Productus gestellt wurden. Bereiche des Meeresbodens, die durch angereicherte Skelettstücke und ausgefälltes Karbonat ausreichend verfestigt wurden (so genannte hardgrounds), wurden von Bryozoen und anderen Organismen besiedelt.
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Abb. 1: Spinofenestella minuta (Korn, 1930), trichterförmige Kolonie im mergeligen Kalkstein, FO.: Zaufensgraben bei Gera, Länge 6,5 cm, Original zu ERNST / HROUDA2005, Sammlung Museum für Naturkunde Gera, Foto: F. Rüger.
Abb. 2: Kingopora ehrenbergi(Geinitz, 1846), Trichterförmige Kolonie, eingebettet in einem mergeligen Kalkstein. FO.: Milbitz, Gera, Breite ca. 3 cm, Original zu ERNST / HROUDA 2005, Sammlung Museum für Naturkunde Gera, Foto: F. Rüger.
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Abb. 3: Spinofenestella geinitzi (d´Orbigny, 1850), fächerförmige Kolonie im mergeligen Kalkstein, FO.: Röpsen, Gera, Bildbreite 4cm, Original zu DREYER 1961 und ERNST/ HROUDA 2005, Sammlung Museum für Naturkunde Gera, Foto: F. Rüger
Abb. 4: Fistulipora radiata (Schauroth, 1854) auf Schale von Horridonia horrida, FO.: Gera, Trebnitz, Bildbreite ca. 1,8 cm, Coll. Museum für Naturkunde Gera, Original zu ERNST / HROUDA2005, Foto: F. Rüger |
Haie, Rochen und „Heringe" im Zechsteinmeer
Das Zechsteinmeer war zeitweise (vor allem im Ablagerungsbereich des Kupferschiefers) reich an verschiedenen Fischen, die in flacheren Bereichen und im offenen Wasser lebten. Neben Friedfischen, die zum Teil in Schwärmen oder auch einzeln lebten, sind auch größere Raubfische bekannt. Besonders auffällig sind die zwei Haiartigen und der rochenähnliche Fisch Janassa. Andere Fische sahen aus wie heutige Korallenfische.
Fischreste im Geraer Zechstein sind nicht selten aber meist unvollständig oder nur in Form von isolierten Schuppen und Schädelknochen enthalten. Die Verhältnisse im Geraer Randbereich des Zechstein-meeres waren weit sauerstoffdurchfluteter als jene des Kupferschiefers von Eisleben oder Mansfeld. Dadurch verrotteten abgestorbene Fische schneller und nur einzelne Knochen, Schuppen oder andere Teilstücke des Fisches blieben erhalten. Das Artenspektrum umfasst die überwiegende Mehrzahl der bekannten Arten im Zechstein. So sind Knochen des Quastenflossers Coelacanthus granulatus im Geraer Zechstein recht häufig unter den Fischresten zu finden. Ebenso gelang bei der Bearbeitung der Erstnachweis der Art Menaspis armata anhand eines Zahnes. Auch Raubfische wie Reticulolepis exsculpta sind u. a. in Form eines Unterkiefers aus dem Geraer Zechstein in der Sammlung des Museums für Naturkunde in Gera belegt.
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Abb.1: Palaeoniscum freieslebeni („Kupferschieferhering„) Systematik: Knorpelganoidfisch , verwandt mit heute noch in Afrika lebenden Flösselhechten • Größe: 10 bis 20 cm, max. bis 40 cm (sehr selten) • Lebensraum: Meeresbuchten und offenes Meer, vermutl. in Schwärmen • Ernährung: Plankton, Algen ( nach HAUBOLD und SCHAUMBERG )
Abb. 2: Pygopterus humboldti Systematik: Knorpelganoidfisch, Raubfisch, hechtähnlich • Größe: 25 bis 55 cm, meist 45 cm • Lebensraum: offenes Meer • Ernährung: von den Palaeoniscum-Schwärmen ( nach HAUBOLD und SCHAUMBERG )
Abb. 3: Platysomus striatus Systematik: Knorpelganoidfisch mit hochrückiger Körperform, ähnlich heutigen Korallenfischen • Größe: 8 bis 25 cm, meist 18 bis 22 cm • Lebensraum: Riffbereiche, Flachwasser • Ernährung: Weichtiere ? ( nach HAUBOLD und SCHAUMBERG )
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Reptilien des Geraer Zechsteins Fossile Überreste von Reptilien gehören im Geraer Zechstein zu den absoluten Raritäten. Trotzdem ist anzunehmen, dass am Uferbereich des Zechsteinmeeres in Gera auch die üblichen Reptilien des Zechsteins (Parasaurus geinitzi, Protorosaurusspeneri, Coelurosauravus (Weigeltisaurus) jaeckeli) lebten. Nachstehend der einzige bekannte und bis heute existenten Knochenfund eines Reptils aus Gera. |
Abb.: Nothosauravus geraensis ; FO.: Gera; Original zu KÜHN 1939 und 1964
Coll.: Geologisches Institut der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg
Zechsteinausstellung 2006/2007 im Museum für Naturkunde Gera; Foto: M. Kahl